Heimat-Fremde-Heimat; Predigt in der Passionskirche Heiligabend 2018

Liebe Gemeinde in der Heiligen Nacht,

viele von Ihnen haben Höchstleistungen hinter sich, damit Weihnachten gelingt:

Das Fest, bei dem jede/r bedacht sein soll. Damit das Fest so schön wird, wie früher - oder, dass es besser wird als früher und mancher Schnickschnack und manche Scheinheiligkeit unterbleibt. Viele haben lange Reisen in vollen Zügen, Bussen, Flugzeugen oder stauverdächtigen Autobahnen hinter sich, um hier zu sein. Und nun sind wir hier, singen die alten Lieder, lauschen dem Chor und hören auf diese Weihnachtsgeschichte, die im Kern gar nicht heimelich ist. Viel war in diesem Jahr von Heimat die Rede. Menschen - auch die so sicher und abgesichert leben - haben Angst, ihre Heimat zu verlieren.

Die Sehnsucht nach Heimat ist besonders zu Weihnachten eine Triebfeder für größte Anstrengung. Aber wir spüren: Auch wenn es wie immer ist - so wie es früher war ist es nicht mehr. Wir sind aus der Heimat unserer Kindheit ausgezogen, sind weitergezogen. Manche ungern, manche nur zu gern. Diese Erfahrung teilen fast alle Menschen. In der Weihnachtsgeschichte heißt es: „und jedermann ging…“.

Dieser Auszug aus der Kindheitsweihnacht verbindet uns, so unterschiedlich wir auch sonst leben und politisch ticken. Und einer zieht mit. „Da machte sich auch auf …“. Die Bibel erzählt uns dabei eine Gegengeschichte, eine Geschichte des Aufbruchs. Ein Kind wird in der Fremde geboren, kein Raum in der Herberge. Es ist damit denen nahe, die wirklich fern der Heimat in der Fremde das Fest feiern. Er gibt den Unbehausten und denen die froh sind, die weihnachtliche Pseudogemeinschaft hinter sich lassen, Raum.

Denn Heimat hat wenig mit Gegenwart zu tun. Viel mehr mit Vergangenheit, an Erinnerung und Heimkehren zu den Wurzeln. Aber, wir sind weitergegangen und die Anderen auch. Eine der ersten Geschichten der Bibel hat das zum Thema. Da werden wir aus dem Paradies vertrieben. Aber die Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies bleibt. Und so hat Heimat viel mit Zukunft, mit Ankommen zu tun auf einem Weg, der noch nicht am Ende ist.

Feste wie Heiligabend sind beides: Erinnerung und Vorgeschmack auf das Paradies. Und wir, wir leben „dazwischen“, sind im Alten nicht mehr zu Hause und kommen im Neuen erst an. Wir sind für die Gegenwart verantwortlich: und das heißt, wir müssen denen, die in die Ecke gedrängt werden Raum geben: denn für diese Fremdheitserfahrung für die die Fremden gar nichts können,werden sie verantwortlich gemacht.

In der Weihnachtsgeschichte wird der Verlust von Heimat und Kommendes thematisiert. Ganz handfest: Um einer Steuerschätzung willen, man könnte auch sagen, um der Vermarktung willen, leben wir entfremdet und doch wird durch Gottes Kommen Heilung hergestellt: In der Geburt des Jesuskindes wird eine Gemeinschaft gestiftet, die noch alles andere als heil ist, aber auf Zukunft und Heilung ausgerichtet ist.

So ist Er denen nahe, die spüren, dass die alte Heimat verblasst, aber die Sehnsucht nach Neuem bleibt. Und Weihnachten, unsere Gemeinschaft heute, ist ein Vorgeschmack auf das, was kommt. Auch wenn es anstrengend, manchmal schmerzhaft ist: Ich bin ganz froh, dass ich so „dazwischen“ lebe. Neue Heimat entsteht durch Gott und die, die sich ihm skeptisch, staunend, vertrauensvoll nähern. Wir brauchen keine Angst haben, dass die alte Heimat verblasst. Neue Gemeinschaft kommt. In ihr haben auch Menschen Platz, mit denen wir nie und nimmer gerechnet haben.

Lassen wir uns überraschen.

Amen.

Pfr. Peter Storck

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